13.04.2024: TOBIAS MANN

Lantershofen feiert Tobias Mann

Kabarett auf Spitzenniveau begeisterte das Publikum im Winzerverein

Zum Abschluss der Spielzeit 2023/24 konnte der Verein Kulturlant rund 230 Gästen im bestens gefüllten Saal des Lantershofener Winzervereins einen Abend zum „Zunge schnalzen“ präsentieren. Der Mainzer Tobias Mann präsentierte sein aktuelles Programm „Mann gegen Mann“, und nicht nur beim Veranstalter war man überzeugt, dass es in den zehn Kulturlant-Jahren das Beste war, was Kabarettisten auf der Dreieckbühne des Winzervereins geboten haben. Fast drei Stunden lang hielt Tobias Mann seine Gäste auf Trab und verausgabte sich wie ein Marathonläufer. „Nach der Pandemie habe ich die Liebe zum Spielen auf der Bühne und vor Publikum wieder entdeckt“, sagte der Mainzer zum Auftakt eines fulminanten Abends. Dass das keine leere Worthülse war, wurde schnell klar. Mann hüpfte und sprang über die Bretter, mal saß er am Flügel, mal griff er zu einer seiner Gitarren, meist aber auch nur zum Mikrofon. Dabei ließ er fast alle Genres des Kabaretts zu.

Oftmals ging es politisch zu, wobei der Spaßmacher kaum einen Politiker ausließ. Und immer gab es den „Spieler Mann“ und den „Gegenspieler Mann.“ Mann gegen Mann eben. Da wünschte er zum einen der FDP und ihren Kubickis oder Lindners alles Schlechte an den Hans, um im nächsten Moment klarzustellen, dass er die Liberalen ja brauche – keiner liefert mehr Stoff fürs Kabarett. Dass er den Grünen nahestehe, verschwieg Mann nicht, ehe er im nächsten Moment den niedlichen politischen Golden Retriever Habeck durch die Kabarett-Mühlen drehte.

Er hatte alle auf dem Schirm: Klima-Kleber und Dumme, die nicht merken, dass sie dumm sind. Rechte und linke Hasser und Internet-Proleten. Pandemie-Entscheider und Kabarett-Besucher mit Stockholm-Syndrom. Also mitgenommene Männer. Mann stellte sie, die entscheidenden, philosophische Fragen, wie „Warum bin ich hier?“ Das allerdings fragt er sich meistens, wenn er im Keller steht. Politik, Gesellschaft, überzeichnete Realität und immer wieder Nonsens. „Genial“, so der Tenor im Publikum, dass auch nach knapp drei Stunden vom „Kabarett im Deutschland-Tempo“ nicht genug bekommen konnte.

Veranstaltungsankündigung

MANN GEGEN MANN – DAS 7. SOLO

Tobias Mann, seines Zeichens Satiriker und Musiker, stellt sich im neuen Kabarettprogramm seinem ultimativen Endgegner und – Überraschung – es ist Tobias Mann selbst. Die härtesten Diskussionen führt er mittlerweile nicht mehr im Internet, sondern in seinem tiefsten Inneren und dabei zeigt sich: Selbst bei Facebook und Twitter geht es gesitteter zu. Jedes Selbstgespräch eskaliert und mündet in wüsten Beschimpfungen und Hasskommentaren, ohne Chance darauf, dass der User gesperrt wird. Schlimm für ihn, aber gut für sein Publikum, das tun an diesem höchst unterhaltsamen, kabarettistischen Kampf Mann gegen Mann teilhaben darf.

In Zeiten von vielfliegenden Umweltaktivisten, bestechlichen Volksvertretern und kriminellen Ordnungshütern kann man die Augen auch vor den eigenen Inkonsequenzen kaum noch verschließen – und das lässt einen zum Hulk werden. Zu allem Übel ist Tobias Mann auch noch das, was sein Name verspricht: ein Mann – cis, Weiß und seit Neuestem auch nicht mehr ganz jung. Bricht sich darum jetzt vielleicht diese toxische Männlichkeit bahn, von der alle sprechen und die so viele seiner Altersgenossen in wütende Fortschrittsblockierer und Patriarchen alter Schule verwandelt? Hoffentlich nicht, aber die grundsätzliche Frage bleibt: Ist der Mann vielleicht die Wurzel allen Übels? Sicher, es gibt auch böse Frauen, aber sind die nicht eher ein Beweis dafür, dass es – frei nach Adorno – heißen muss: „Es gibt kein weibliches Leben in einem männlichen System!“

Die Politik nimmt die neue, deutsche Aggression dankend auf und verlegt Intrigen und Machtspielchen, die sonst hinterhältig im Stillen verlaufen wären, auf die große Bühne. Für Tobias Mann ist all das zwiespältig und ein ständiger innerer Kampf: Als Mensch ist er angepisst, als Kabarettist bedankt er sich für das fantastische Material. Der Satiriker in ihm mahnt: „Die Zuschauer müssen unbedingt was mitnehmen. Es braucht Haltung!“ Der Gellschaftsbeobachter entgegnet: „Haltung – schön und gut, aber man muss schon alle Seiten beleuchten!“ Der Komiker schreit: „Scheiß drauf! Die Pointe muss knallen!“ In Texten und Liedern schießt der vielfach ausgezeichnete Kabarettist (u.a. Deutscher Kleinkunstpreis, Prix Pantheon, Salzburger Stier, Deutscher Comedypreis für die ZDF Show „Mann, Sieber!“) auch in seinem 7. Bühnenprogramm gegen Alles und Jeden, der es verdient hat. Und allzu oft ist das sogar er selber. Aber keine Angst: Beim Kampf gegen sich selbst gibt es zumindest zwei Gewinner: Tobias Mann und sein Publikum.

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