07.12.2022: TÖLZER KNABENCHOR

Von der Elbphilharmonie in die Lambertuskirche

Alpenländische Weihnachtsmusik mit dem Tölzer Knabenchor

Einer der bekanntesten deutschen Chöre war zu Gast auf der Grafschaft. Der Tölzer Knabenchor gab dort am vergangenen Mittwoch ein Konzert. Auf dem Programm stand die „Alpenländische Weihnacht.“ Eingeladen hatte der Verein Kulturlant, der in losen Abständen immer wieder zu Weihnachtskonzerten in das Gotteshaus bittet. Nach den New York Gospel Stars (2016) und dem Schwarzmeer-Kosakenchor (2019) war das Konzert der jungen Sänger die dritte Veranstaltung des jungen Vereins dieser Art. Knapp 350 Besucher sorgten für ein volles Gotteshaus.

Erst am Wochenende zuvor hatte der Knabenchor in der Hamburger Elbphilharmonie konzertiert. Nun also Lantershofen. „Hier sitzen die Gäste auf alle Fälle sehr viel näher an den Akteuren“, so Kulturlant-Geschäftsführer Thomas Weber bei der Begrüßung. Dabei hatten sich die Gastgeber angesichts der laufenden Krankheitswelle schon am Morgen über eine die gute Nachricht aus dem Quartier des Chores in der Kreisstadt freuen dürfen: „Die Kinder sind alle prima drauf.“ Gar nicht so selbstverständlich, wie Tourleiterin Barbara Schmidt-Gaden sagte: „Inzwischen ist sowohl der Dresdner Kreuzchor als auch die Windsbacher Sängerknaben und auch der Hamburger Kinderchor außer Gefecht gesetzt.“

„Erwischt“ hatte der Grippevirus dagegen Chorleiter Christian Fliegner, aber die musikalische Reisegruppe hatte mit dem jungen Dirigenten Marco Barbon einen würdigen Ersatz dabei. Er führte die jungen Sänger im Alter von zehn bis 13 Jahren in der Lambertuskirche immer wieder zu gesanglichen Höchstleistungen, die das Publikum staunen ließen. Besonders faszinierten die Auftritte immer wieder anderer Solisten, die trotz junger Jahre mit ebenso kraftvollen, wie glasklaren Stimmen überzeugten. Bei „Wer klopfet an“, einem Stück aus der Ostracher Liederhandschrift aus der Zeit um 1740 wurde das besonders deutlich. Mit dem sakralen „Ach wann kommen jene Stunden“, eröffnete der Chor das Weihnachtskonzert, dem mit dem gesungenen „Rorate“ und dem „Gegrüßt seist Du, Maria“ weitere Sakralgesänge folgten. Die Freude am Singen war den 28 Jungen anzusehen und ihre Stimmen erfüllten den Kirchenraum. Beim Lied “Es kimmt an Engl vom Himmel herab” zeigte sich der Facettenreichtum des Chores, als die Stimmen wie Glocken in verschiedensten Tonhöhen erklangen und so verkündeten, dass etwas Großes geschehen ist. Tief in den bajuwarischen Dialekt verfallend brachten die Jungs mit dem “Schlapprawoit” das Erstaunen an der Krippe zum Ausdruck. Ein echter Gänsehautmoment war der Andachtsjodler, der den Schlusspunkt unter ein wahrlich gelungenes Konzert setzte, bei dem neben den Knaben Harfinistin Theresa Jörg und Clemens Haudum am Akkordeon weitaus mehr als nur musikalische Begleiter waren, sondern mit mehreren Instrumentalstücken ihr Können bewiesen.

Gut eineinviertel Stunden entführte der Chor die Gäste in die Alpenländische Weihnachtsmusik. Und während die Menschen gerührt und beseelt das Kirchenschiff verließen, schien es für den Chor ein Höhepunkt zu sein, mit jeder Menge Kisten Gummibärchen eines Grafschafter Herstellers versorgt zu werden, ehe sie ihre Weihnachtstour in Richtung Kurhaus Wiesbaden fortsetzten.

Veranstaltungsankündigung

Der Tölzer Knabenchor gehört zu den berühmtesten und erfolgreichsten Knabenchören der Welt und bestreitet mehr als 150 Konzert- und Opernauftritte im Jahr. Seit der Saison 2021/22 ist Michael Hofstetter

Künstlerischer Leiter und führt die Pflege des breitgefächerten Repertoires des Chores fort. Das Chorrepertoire umfasst sowohl alle Gebiete des Chorgesangs vom Barock bis zur Gegenwart mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Werken Johann Sebastian Bachs als auch alle wichtigen Knabenpartien der Opernliteratur, besonders in Mozarts „Zauberflöte“.

Höhepunkte der Saison 2021/22 sind u.a. Konzerte mit den Berliner Philharmonikern, Chorkonzerte u.a. im Festspielhaus Baden-Baden, der Alten Oper Frankfurt, Dresdner Frauenkirche, Konzerthaus Blaibach, Festspielhaus Füssen, dem Erfurter Dom sowie der Stiftsbasilika Waldsassen. Im Juni 2022 findet das 6. Knabenchorfestival Bad Tölz statt, welches der Chor als Biennale selbst betreibt. Solistisch sind Knaben des Tölzer Knabenchors bei Opernproduktionen der Bayerischen Staatsoper, Komischen Oper Berlin und Dresdner Semperoper zu hören. Konzertreisen führten den Tölzer Knabenchor durch ganz Europas, nach Russland, Israel, Asien und in die USA. Regelmäßig wird Chor zu den renommiertesten Festivals wie den Salzburger Festspielen, dem Bachfest Leipzig, dem Rheingau Musik Festival oder dem Shanghai Baroque Festival eingeladen. Er gastiert in allen großen Konzertsälen der Welt, zum Beispiel im Concertgebouw Amsterdam, der Carnegie Hall, dem Wiener Musikverein oder der Suntory Hall. In den letzten Jahrzehnten hat der Tölzer Knabenchor mit vielen wichtigen Dirigenten zusammengearbeitet, wie zum Beispiel mit Nikolaus Harnoncourt, Herbert von Karajan oder Christian Thielemann.

Für seine Einspielungen erhielt der Chor zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Deutschen Schallplattenpreis, den französischen Schallplattenpreis, den Diapason d’Or, den ECHO Klassik der Deutschen Phono-Akademie Berlin sowie eine Nominierung für den Grammy Award.

Aktuell werden etwa 170 Jungen beim Tölzer Knabenchor vom künstlerischen Leiter und dessen Team professionell in München unterrichtet. In mehreren Ausbildungsstufen entsteht der berühmte „Tölzer Klang“, der sich durch besondere Homogenität, leuchtende Höhen, präzise Intonation und eine klare Artikulation auszeichnet. Gezielte Förderung und altersgerechtes Lernen ermöglichen eine optimale Ausbildung der Kinder.

Der Chor wurde 1956 von Gerhard Schmidt-Gaden ins Leben gerufen, der ihn bis 2014 musikalisch leitete.

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