Harte Männer wollen Duftkerzen aufstellen
Kabarettistin Barbara Ruscher schenkte in Lantershofen ganz schön aus
Bissiger Humor, viel Ironie und eine gute Prise Sarkasmus, all das vereint Kabarettistin Barbara Ruscher in ihrem Programm „Ekstase ist nur eine Phase“, mit dem sich am vergangenen Samstag auf der Kulturlant-Bühne in Lantershofen knapp 200 Besucher unterhielt. Zumeist am Flügel sitzend, erklärte die in Köln lebende, geborene Rheinbacherin dem Publikum ihre Welt und ihre Sicht auf die Dinge. Ruscher spielte kein starres Programm herunter, sondern fand immer wieder den Weg in die Aktualität. Dass Deutschland bei den aktuellen Olympischen Spielen so viele Medaillen im Rodeln gewann, erklärte sie beispielswese damit, dass es hierzulande kein Tempolimit gebe.
Aber zurück zur Ekstase, die laut Ruscher ja in so vielen Lebensbereichen möglich ist. Ein Beispiel: Ekstase beim Mann, wenn der im Discounter eine Bohrmaschine für 9,99 Euro kaufen kann. Und noch eine, wenn diese auch nach zwei Wochen noch funktioniert. Es gibt auch lokale Unterschiede. In Hannover gerät man laut Ruscher in Ekstase, wenn man sich schon vor der Hochzeit duzt. Da will man dann auch gerne in andere Rollen schlüpfen, und so sang die Kabarettisten über harte Männer, die eigentlich alle nur Duftkerzen aufstellen wollen. Und über Frauen, die endlich mal ein Loch in die Wand bohren möchten, wobei der Mann den Staubsauger darunter zu halten hat.
Barbara Ruscher zeigte sich sprunghaft, minütlich wechselten die Themen. Von der Forderung, dass Mücken endlich aussterben sollten, ging in ihre ganz private Welt, nach Köln-Sülz, dem wohl kinderreichsten Stadtteil der Stadt, wo die Kaninchen auf der Wiese angesichts des menschlichen Verhaltens Komplexe bekommen. Und Ruscher mittendrin, ein krähender Hahn in Nachbars Garten zur einen und 50 Bienenhotels im Grün zur anderen Seite, wo der Nachbar ganz alleine die Welt retten will. „Da muss man ja bekloppt werden“, so ihr Fazit, als sie sich selbst beim Song über Veganer begleitete und mit Möhren auf einem Kürbis trommelte.
Und dann Freundin Lucy, der Gegensatz zum Veganer. „Die isst nur Fleisch aus Massentierhaltung, weil sie es voll fies findet, glückliche Tiere zu schlachten.“ Sie assoziiert dabei wie folgt: Bratengeruch ist gleich „Sonntag“ ist gleich „Eis zum Nachtisch“ und „Daktari.“ Nur die jüngeren im Publikum konnten damit nichts anfangen. Überhaupt hielt sich das Publikum bei den vielen Fragen von Barbara Ruscher zurück. „Wer möchte noch Kinder haben? Und wer möchte das nicht mit dem Partner, mit dem er heute hier ist?“ Niemand zeigte auf.
Ernährungskonzepte waren eines ihrer großen Themen: „Der Pavian ernährt sich überwiegend vegan – dann guckt mal, wie sein Hintern aussieht.“ Und immer wieder Köln-Sülz, wo die frühgeförderten Digital Natives natürlich bilingual aufwachsen. Sogar der Analphabet. „Der kann in zwei Sprachen nicht lesen.“ Manchmal blieb dem Publikum schon das Lachen im Halse stecken. Da gab es dann gleich noch eine Ansage hintendrauf: „Das hier ist Kabarett und nicht der Quatsch Comedy Club.“ Nach zwei Stunden endete Barbara Ruscher mit ihrer ganz persönlichen Hymne auf Multifunktions-Küchengeräte: „Ich mach aus Früchten Matsche, ich hab einen an der Klatsche.“
Veranstaltungsankündigung
Mit ihrem neuen Programm erobert die scharfsinnige Kabarett-Lady Barbara Ruscher charmant und intelligent nun auch die letzten Tabus unserer Zeit: sowohl die FIFA mit dem Großprojekt WM 2022 in Katar („Beckenbauer hat keine Sklaven gesehen, die Inklusion ist gelungen! Sehbehinderte Funktionäre sind voll integriert!“) als auch das globale Erotik-Phänomen „Fifty Shades of Grey“ („S-M ist normal geworden, selbst der Papst sagt, leichte Schläge sind erlaubt“). Der nahtlose Wechsel vom Politischen ins Erotische gelingt ihr ebenso charmant wie die Kunst, die Welt nicht moralinsauer, aber wunderbar ätzend zu spiegeln. Wer sie nicht gesehen hat, hat wirklich etwas verpasst!
Ekstase findet Ruscher in allen Bereichen: im modernen Verhältnis der Geschlechter, aber auch bei Massentierhaltung, beim Datenklau im Punktesammeln, bei der Billigproduktion und der Wahl von Ernährungskonzepten („Der Pavian ernährt sich überwiegend vegan – dann guckt mal, wie sein Hintern aussieht“) – all das wird von ihr souverän als Stand-up und am Klavier, getextet und gedichtet, lakonisch und bissig präsentiert.
Barbara Ruscher ist bekannt aus Sendungen wie „Satiregipfel“ (ARD), „Ladies Night“ (WDR/ARD), „Spätschicht“ (SWR), „Puffpaffs Happy Hour“ (3Sat), „Mitternachtsspitzen“ (WDR), „NightWash“ (EinsFestival), „Markus Lanz“ (ZDF) etc. und Finalistin bei zahlreichen Kabarett- und Comedypreisen sowie als bisher einzige Frau (Solistin) Preisträgerin der Kabarett-Bundesliga (2012).
Auch als Autorin äußerst erfolgreich liest sie auf der Bühne aus ihrem Bestseller „Fuck the Möhrchen – Ein Baby packt aus“, in dem ein manisch frühgefördertes Baby namens Mia die Absurdität der Erwachsenenwelt furztrocken auf die Schippe nimmt („Mama beschwert sich, dass Papa nur noch mit Bier vor der Glotze sitzt und sie nicht mehr attraktiv fände. Papa sagt, dass er ihre Attraktivität manchmal einfach nicht aushalten könne, und sich dann mit Glotze und Bier ablenken müsse.“)
Links: www.barbara-ruscher.de / Facebook